Eindrücke vom Genius Loci Festival in Weimar 2019

Das Genius Loci Weimar ist eine dem Berliner Festival of Lights nachempfundene Veranstaltung, bei der Video- und Soundinstallationen auf Gebäude projiziert werden. Im Gegensatz zu den Lichtinstallationen anderer Städte versucht die Weimarer Version immer noch eine Spur künstlerischen Ausdruck unterzubringen. Es werden ganz bewusst nur bestimmte Gebäude ausgewählt, die zu den Videoinstallationen in Beziehung stehen (welche das dann auch immer sein mag, aber: über Kunst kann man herzhaft streiten). Auch die Bearbeitung eines Themas ist in dem Maße auf vergleichbaren Festivals so nicht vorhanden.

Mittlerweile hat sich das Genius Loci als wiederkehrende Veranstaltung in Weimar fest etabliert. Es zieht gleichermaßen Touristen wie Eingeborene an. So war es auch 2019, als vor allem am Sonnabend, dem zweiten Festivaltag gefühlt ganz Weimar plus Besucher auf den Beinen war, als pünktlich um 21:30 Uhr der Startschuss fiel. Zur Eröffnung am Freitag öffnete der Himmel ja seine Schleusen (was unter anderem zum Abbruch der Dom-Festspiele in Erfurt führte), womit der Auftakt buchstäblich ins Wasser fiel.

Die Hauptstandorte des diesjährigen Genius Loci Festivals bildeten das Deutsche Nationaltheater, der Gebäudekomplex des Mon Ami, der Weimarhallenpark und das Neue Bauhausmuseum.
Nebenstandorte wie Karl-Liebknecht-Straße, Hotel Russischer Hof, Kunsthalle Harry Graf Kessler und Alte Feuerwache habe ich hiermit erwähnt und dabei lassen wir es auch bewenden.

Videoinstallation am Deutschen Nationaltheater – DNT

Beginnen wir die kleine Runde am Deutschen Nationaltheater. Ich muss zugeben, dass ich auf diese Installation doch sehr gespannt war, weil sie mit der Gründung der Weimarer Republik bzw. dem Inkrafttreten der Reichsverfassung ein ebenso prominentes, wie auch eindeutig und klar zu benennendes Thema hatte. Keine Meta-Thema wie der menschliche Geist in den urbanen Strukturen oder was man sich da alles ausdenken könnte. Leider leider war mir diese Kunst dann doch zu hoch bzw. hat mich die Botschaft nicht erreicht. Jedwede Aussage (?) ging im Stroboskop-Gewitter (Epileptiker blieben diesem Veranstaltungsort hoffentlich fern) unter und ich war froh, als das Spektakel seinen Abschluss fand. Einige Stills auf der Front dieses ehrwürdigen Theatergebäudes waren ja recht eindrucksvoll, aber das künstlerische Konzept hätte auch den Einfluss des Jupiter auf die Fruchtbarkeit von Pflastersteinen als Basis haben können – ich hätte es nicht gemerkt.

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Mon Ami

Die Sicht ist nicht so gut wie auf dem Theaterplatz, aber das Thema (irgendwas mit Urban Space) klang ganz gefällig. War auch nett umgesetzt aber für meine Begriffe zu behäbig und langatmig. Hier habe ich auch die wenigsten Photos und Videos aufgenommen. Liebe Leute, es muss doch nicht immer alles verschwurbelt und künstlich unverständlich sein, damit die Leute meinen es mit großer Kunst zu tun zu haben? Frei nach dem Motto: Ich verstehe es nicht, also muss es genial sein.

Video

Beim Übergang in die Karl-Liebknecht-Straße auf Höhe der Hummel-Musikschule war ich wieder etwas mit der Welt versöhnt. Zwar keine Musik und auch keine wilden Animationen aber eine recht bunte Anstrahlung dieses Gebäudes. Hatte was.
Und vor allem hatte die Sperrung der Karl-Liebknecht-Straße etwas für sich. Wer hätte das gedacht: Wie schnell man so einen Strassenabschnitt mit einfachen Mitteln aufwerten kann.

Richtig gut hat mir die nächste Installation gefallen. Zwar trat hier die künstlerische Botschaft gegenüber der Konsumierbarkeit etwas zurück, aber mehr will man doch eigentlich auch gar nicht. Ein paar coole Beats und dazu eine gekonnt gemachte Lasershow mit Beteiligung einer Nebelmaschine. Quasi Love Parade Afterparty mit gepflegter Club-Musik. Hach Gott, es war ein bisschen wie früher.
Das Interessante waren auch nicht die Animationen an sich (die doch recht simpel waren), sondern die Einbeziehung der Zuschauer. Die Lichtstrahlen durchbrechend und vom Nebel eingehüllt wurden sie alle Teil dieser Show, was hoffentlich auf meinen Bildern nachzuvollziehen ist.

Videos

Gleich im Anschluss präsentierte sich das Lichterspiel auf dem Teich des Weimarhallenparks. Obwohl die Spiegelung durch das ruhige Wetter und den fast glatten Wasserspiegel sehr gefällig wirkte, hätte ich mir doch eine größere Einbeziehung des Elementes Wasser vorgestellt. Statt nur die Leinwandfläche mit unterschiedlichen Farben und Mustern anzustrahlen, hätte ich ein paar Lichtkegel direkt über der Wasseroberfläche cool gefunden. Musikalische Untermalung hat mir sehr gut gefallen, wobei sie schon etwas unterschiedlich zum Zuvor gehörtem war. Der beleuchtete Pavillion und Getränkeverkauf war ein schöner Kontrastpunkt.

Video

Was sich mir nicht erschlossen hat, war die unzureichende Beleuchtung der Treppen zum Park hinab. Vor allem ältere Leute hatten hier ganz schön ihre Mühe gehabt, sich zu orientieren. Vielleicht kann man das beim nächsten Mal mit bedenken.
Ebenso hat mich verwundert, dass hier noch niemand so richtig auf die Idee gekommen ist, das tanz- und feierwütige Volk „abzuholen“, nachdem man es durch diese Appetithäppchen entsprechend angefixed hat. In Berlin und anderswo hätte sich schon längst ein Club gefunden, der dem zahlreich aber ziellos umherirrenden Jungvolk eine Anschlussverwendung ermöglicht hätte.

Neues Bauhausmuseum

Von allen ausgewählten Gebäuden des diesjährigen Genius Loci Festivals konnte das in diesem Jahr eröffnete Bauhaus-Museum die geeignetste Fassade vorweisen (endlich mal ein positiver Aspekt bei diesem Betonklotz). Das wurde denn auch mit einer einfachen (im positiven Sinne) und nicht zu überladenen Performance ausgenutzt.

Videos


Wieder eine sehr schöne Veranstaltung, bei der (abgesehen vom Eröffnungstag) auch Petrus ein Einsehen hatte. Die Reduzierung der Anzahl der angestrahlten Gebäude sowie ihre überlegte Gruppierung entlang einer Achse war dem Erfolg des Festivals zuträglich. Hier und da gibt es sicher Dinge, über die man im Vorfeld des nächsten Genius Loci nachdenken sollte, aber im Großen und Ganzen ist man jetzt auf dem richtigen Weg, denke ich.

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